Angabe der Wohnfläche: Doppelte Schriftformklausel steht der Wirksamkeit mündlicher Vereinbarungen entgegen, Urt. v. 20.08.2021 - 203 C 33/21


Bei der Besichtigung einer Mietwohnung wird vom Vermieter häufig eine andere Fläche angegeben, als im Mietvertrag steht. Wenn eine tatsächliche Abweichung vorliegt, ist der Streit vorprogrammiert - so auch im folgenden Fall, den das Amtsgericht Bonn (AG) entscheiden musste.

Eine Frau hatte eine Wohnung - vier Zimmer mit Küche, Diele, Bad, einem Balkon sowie einem Kellerraum und einem Stellplatz - gemietet. In § 4 des Mietvertrags wurde eine Miete von 700 EUR vereinbart. Eine Flächenangabe enthielt der Mietvertrag nicht. Das Mietverhältnis wurde dann durch einen Aufhebungsvertrag beendet. Zwei Monate später inserierten die Vermieter das Mietobjekt im Internet und gaben dabei eine Wohnfläche von ca. 88 Quadratmetern an. Daraufhin forderte die Mieterin die Vermieter zur Rückzahlung überzahlter Mieten von über 13.000 EUR auf. Sie behauptete, ihr sei bei Anmietung des Objekts von den damaligen Vermietern mitgeteilt worden, dass die Wohnung eine Wohnfläche von 100 Quadratmetern aufweise. Sie war deshalb der Ansicht, sie könne überzahlte Miete in Höhe von 12 % seit Mietbeginn zurückfordern. Das Geld bekam sie nicht.

Die Parteien hatten nämlich keine vertragliche Vereinbarung über die Wohnfläche getroffen, so dass es in den Augen des AG auf die Frage gar nicht ankam, wie groß die Wohnung tatsächlich war. Für die Annahme einer konkludenten Wohnflächenvereinbarung sei es nicht ausreichend, dass der Vermieter im Rahmen einer Besichtigung angibt, die Wohnung habe eine bestimmte Größe. Erforderlich wäre vielmehr die durch schlüssiges Verhalten deutlich gewordene Absicht, sich rechtlich binden zu wollen. Eine in einem Mietvertrag enthaltene doppelte Schriftformklausel steht der Wirksamkeit einer etwaigen mündlichen Vereinbarung über die Wohnfläche entgegen.

Hinweis: Die Berechnung der Größe einer Mietwohnung ist alles andere als einfach. Im Zweifel hilft dabei der Rechtsanwalt.


Quelle: AG Bonn, Urt. v. 20.08.2021 - 203 C 33/21

pdf AG_Bonn__Urt._v._20.08.2021_-_203_C_33-21.pdf (0.05 MB)


Eigentumsübertragung für Pflegeversprechen: Zeitintensive Betreuung von Angehörigen im selben Haus rechtfertigt Eigenbedarfskündigung   AG München, Urt. v. 09.06.2021 - 453 C 3432/21

Die Pflege hilfsbedürftiger Angehöriger ist nicht nur, aber in großem Maße eine Zeitfrage. Wer für seinen Einsatzwillen hierfür eine Wohnung im Haus der Pflegebedürftigen übertragen bekommt, steht nicht selten vor Mietern, die auf ihr Recht bestehen, dort wohnen zu bleiben. Ob eine Kündigung wegen Eigenbedarfs in einem solchen Fall rechtens ist, musste hier das Amtsgericht München (AG) beurteilen.

Ein Ehepaar bewohnte seit fünf Jahren eine Dreizimmermietwohnung. Deren ursprüngliche Vermieter - ein über 80-jähriges Ehepaar, das im selbem Haus lebt - übertrugen die Wohnung im Sommer 2020 an ihre Großnichte. Dafür erhielten sie eine monatliche Leibrente von 800 EUR. Außerdem verpflichtete sich die Nichte, das Ehepaar bei Einkäufen, Besorgungen und Arztbesuchen zu unterstützen. Im Herbst 2020 erklärte die Nichte dann den Mietern die Kündigung. Das begründete sie damit, dass sie ihre derzeit bewohnte 50 Quadratmeter große Zweizimmerwohnung aufgeben müsse. Die Wohnung sei knapp 3 km entfernt. Ihr Großonkel und ihre Großtante seien jedoch altersbedingt auf ihre Unterstützung angewiesen. Ihre Hilfe bei Angelegenheiten des täglichen Bedarfs sei sowohl Voraussetzung als auch Grund für die Übertragung des Eigentums gewesen. Daher erhob sie eine Räumungsklage wegen Eigenbedarfs.

Auch das AG war der Ansicht, dass die Mieter ihre Wohnung räumen müssen. Denn der Entschluss des Vermieters, die Wohnung selbst zu nutzen, ist grundsätzlich zu achten. Der Nutzungswunsch muss aber hinreichend bestimmt und konkret sein und ernsthaft verfolgt werden, er muss von vernünftigen oder nachvollziehbaren Gründen getragen werden und darf nicht rechtsmissbräuchlich sein. Diese Voraussetzungen trafen in diesem Fall zu. Auf den konkreten aktuellen Gesundheitszustand des Großonkels und der Großtante kam es hierbei gar nicht an. Bereits angesichts des Alters war eine zeitnahe Hilfsbedürftigkeit derart naheliegend, dass selbst ein aktuell blendender Gesundheitszustand in keiner Weise gegen den Nutzungswunsch der Nichte sprechen würde. Das AG räumte den Mietern allerdings eine angemessene Räumungsfrist ein.

Hinweis: Ob die Kündigung eines Mietverhältnisses rechtmäßig ist oder nicht, kann vor einem langwierigen Räumungsverfahren der Anwalt des Vertrauens abschätzen.


Quelle: AG München, Urt. v. 09.06.2021 - 453 C 3432/21

pdf AG_Muenchen__Urt._v._09.06.2021_-_453_C_3432-21.pdf (0.7 MB)

Nebenkostenprivileg des Vermieters: BGH bewertetet vermieterseitig vorgegebenen Kabelanschluss als nicht wettbewerbswidrig  Urteil vom 18.11.2021

 

In vielen Mietshäusern bietet der Vermieter einen kostenpflichtigen Kabelanschluss an. Das ist aus wettbewerbsrechtlichen Gründen auch nicht vonseiten des Bundesgerichtshofs (BGH) zu beanstanden. Dennoch sollten Vermieter sich dafür rüsten, dass die Neufassung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) dieses Vorrecht kippt.

Bei einer Vermieterin von mehr als 120.000 Wohnungen waren etwa 108.000 Wohnungen an ein Kabelfernsehnetz angeschlossen. Darüber konnten Fernseh- und Hörfunkprogramme sowie Telefon und das Internet genutzt werden. Das Entgelt, das die Vermieterin für das Kabelnetz zahlte, legte sie nach den Mietverträgen als Betriebskosten auf ihre Mieter um. Für die Mieter bestand keine Möglichkeit, während der Dauer des Mietverhältnisses die Versorgung ihrer Wohnungen mit Kabelfernsehen zu kündigen. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs sah das äußerst kritisch und forderte die Vermieterin zur Unterlassung auf.

Das sah der BGH jedoch anders. In Mietverträgen über Wohnraum darf vereinbart werden, dass Mieter für die gesamte Dauer des Mietverhältnisses an einen vom Vermieter zur Verfügung gestellten kostenpflichtigen Breitbandkabelanschluss gebunden sind.

Hinweis: Mieter können derzeit den Anbieter für Fernsehen, Internet und Festnetz nicht frei wählen und müssen die Kosten selbst dann bezahlen, wenn sie den Anschluss gar nicht nutzen wollen. Das wird auch Nebenkostenprivileg des Vermieters genannt. Aber: In Zukunft darf der Vermieter das nicht mehr. Es gibt eine Neufassung des TKG, die bereits am 01.12.2021 in Kraft getreten ist. Die Mieter dürfen somit künftig frei darüber entscheiden, ob sie den vorhandenen Kabelanschluss des Vermieters nutzen möchten. Es gibt in dem neuen Gesetz allerdings eine Übergangsregelung bis zum 30.06.2024: Bis dahin soll das Nebenkostenprivileg weiterhin zulässig sein.


Quelle: BGH, Urt. v. 18.11.2021 - I ZR 106/20

19.03.2014 Mieter dürfen keine bunten Wände hinterlassen

urteil-mietrecht-bunte-waende__1395221621.jpg

05.04.2006 Schönheitsreparatur unwirksame Klauseln

BGH, VIII ZR 152/05

BGB §§ 538, 307 Bb
1. Die in einem formularmäßigen Mietvertrag enthaltene Klausel
"Der Mieter ist verpflichtet, die während der Dauer des Mietverhältnisses not-wendig werdenden Schönheitsreparaturen ordnungsgemäß auszuführen. Auf die üblichen Fristen wird insoweit Bezug genommen (z.B. Küchen/Bäder: 3 Jahre, Wohn- und Schlafräume: 4-5 Jahre, Fenster/Türen/Heizkörper: 6 Jahre)."
enthält einen starren Fristenplan und ist deshalb unwirksam.
2. Eine vorformulierte Klausel, nach der der Mieter verpflichtet ist, bei seinem Auszug alle von ihm angebrachten oder vom Vormieter übernommenen Tapeten zu beseitigen, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam.
BGH, Urteil vom 5. April 2006 - VIII ZR 152/05 - LG Nürnberg-Fürth
AG Fürth
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. April 2006 durch den Richter Dr. Beyer als Vorsitzenden und die Richter Dr. Leimert, Wiechers und Dr. Wolst sowie die Richterin Hermanns
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth, 7. Zivilkammer, vom 24. Juni 2005 wird zurück-gewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz nach Beendigung eines Miet-verhältnisses.
In der Zeit vom 1. Dezember 1995 bis 30. Juni 2004 hatten die Beklagten vom Kläger eine Wohnung in dem Anwesen O. Straße in V. gemietet. Die Beklagten übernahmen die Wohnung, die der Kläger zuvor selbst genutzt hatte, in unrenoviertem Zustand und mit den vom Kläger angebrachten Tapeten und Teppichböden. In der Folgezeit erneuerten die Beklagten in einigen Zimmern die Bodenbeläge und tapezierten die Wohnung neu.
Über die Erhaltung der Mieträume enthält der Mietvertrag in § 8 Nr. 2 folgende vorgedruckte Klausel:
"Der Mieter ist verpflichtet, die während der Dauer des Mietverhältnisses notwendig werdenden Schönheitsreparaturen ordnungsgemäß auszuführen. Auf die üblichen Fristen wird insoweit Bezug genommen (z.B. Küchen/Bäder: 3 Jahre, Wohn- und Schlafräume: 4-5 Jahre, Fenster/Türen/Heizkörper: 6 Jahre)."
§ 13 des Mietvertrages ("Beendigung des Mietverhältnisses") enthält unter anderem folgende formularmäßige Regelungen:
"1. Bei Mietende hat der Mieter dem Vermieter sämtliche Schlüssel auszuhändigen und die Mieträume in vertragsgemäßem Zustand (vgl. § 8) zurückzugeben.
2. Insbesondere hat der Mieter bei seinem Auszug die Räume zu reinigen, die von ihm angebrachten oder vom Vormieter übernommenen Bodenbeläge sowie Wand- und Deckentapeten zu beseitigen und die durch die Anbringung oder Beseitigung verursachten Schäden an Unterböden sowie Wand- oder Deckenputz zu beheben."
Mit Schreiben vom 11. Mai 2004 forderte der Kläger die Beklagten auf, Bodenbeläge sowie Wand- und Deckentapeten zu beseitigen und Anstricharbeiten an Fenstern, Türen, Heizkörpern sowie den Wänden und Decken durch-zuführen. Die Entfernung der Tapeten und Bodenbeläge lehnten die Beklagten ab.
Mit der Klage hat der Kläger die Erstattung von Kosten für die Entfernung von Tapeten in Höhe von 3.525,89 € sowie von Bodenbelägen und für weitere Renovierungsmaßnahmen - insgesamt 6.168,42 € - nebst Zinsen verlangt. Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 4.098,98 € nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Land-gericht unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage hinsichtlich der vorgenannten Kosten für die Beseitigung der Tapeten abgewiesen und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt:
Dem Kläger stehe ein vertraglicher Anspruch wegen der unterlassenen Entfernung von Tapeten nicht zu, weil § 13 Nr. 2 des Mietvertrags gemäß § 307 BGB (früher: § 9 AGBG) unwirksam sei, soweit die Klausel den Mieter zur Beseitigung von Wand- und Deckentapeten verpflichte. Die Kombination mit der Schönheitsreparaturklausel in § 8 Nr. 2 entspreche nicht mehr dem gesetzlichen Leitbild eines Mietvertrags und benachteilige den Mieter unangemessen. Die formularmäßigen Vereinbarungen verpflichteten den Mieter bei seinem Auszug ohne Einschränkung zur Entfernung der Tapeten. Da es hiernach auf einen konkreten Renovierungsbedarf nicht ankomme, liege eine unzulässige Endrenovierungsverpflichtung vor.


II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung stand. Dem Kläger steht kein Anspruch gegen die Beklagten auf Erstattung der für das Entfernen der Tapeten aufgewendeten Kosten in Höhe von 3.525,89 € zu.
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Kläger keinen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (§§ 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB) wegen Nichterfüllung der in § 13 Nr. 2 des Mietvertrags enthaltenen Verpflichtung der Beklagten zur Beseitigung der von ihnen ange-brachten Tapeten hat. Die Formularklausel ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB - der auf das am 30. Juni 2004 beendete Mietverhältnis an-zuwenden ist (Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB) - unwirksam, weil sie den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (vgl. auch LG Saarbrücken, NZM 2000, 1179; Knops in Herrlein/Kandelhard, Mietrecht, 2. Aufl., § 535 Rdnr. 54; Langenberg, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, 2. Aufl., 1 B Rdnr. 84).
a) Gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Hierzu gehört auch die Ausführung der Schönheitsreparaturen. Zwar kann der Vermieter diese Pflicht durch Vereinbarung - auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen - auf den Mieter übertragen (st. Rspr., BGHZ 92, 363; 101, 253). Jedoch ist eine formularvertragliche Bestimmung, die den Mieter mit Renovierungspflichten belastet, die über den tatsächlichen Renovierungsbedarf hinausgehen, mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB), weil sie dem Mieter eine höhere Instandhaltungsverpflichtung auferlegt, als der Vermieter dem Mieter ohne die vertragliche Abwälzung der Schönheitsreparaturen gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB schulden würde (Senatsurteil vom 23. Juni 2004 - VIII ZR 361/03, NJW 2004, 2586, unter II 2 a). Dementsprechend ist nach der Rechtsprechung des Senats eine Klausel in einem vom Vermieter verwendeten Formularvertrag, die den Mieter verpflichtet, die Mieträume bei Beendigung des Mietverhältnisses unabhängig vom Zeit-punkt der Vornahme der letzten Schönheitsreparaturen renoviert zu übergeben, wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters nach § 307 BGB (§ 9 AGBG) unwirksam (Urteil vom 14. Mai 2003 - VIII ZR 308/02, NJW 2003, 2234, unter II 1 m.w.Nachw.; Urteil vom 25. Juni 2003 - VIII ZR 335/02, NJW 2003, 3192, unter III 2).
b) Eine andere Beurteilung ist auch hinsichtlich der in § 13 Nr. 2 des Mietvertrags enthaltenen Rückgabeklausel nicht gerechtfertigt. Gemäß § 8 Nr. 2 des Mietvertrags hat der Mieter während der Dauer des Mietverhältnisses die Schönheitsreparaturen nach Maßgabe eines Fristenplans auszuführen; nach § 13 Nr. 1 des Vertrags hat der Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses die Mieträume in einem der Verpflichtung nach § 8 entsprechenden Zustand zurückzugeben. Durch die in § 13 Nr. 2 des Mietvertrags geregelte Pflicht des Mieters, bei Beendigung des Mietverhältnisses die von ihm angebrachten oder vom Vormieter übernommenen Wand- und Deckentapeten zu beseitigen, wird dem Mieter eine zusätzliche Renovierungspflicht auferlegt.
Der Mieter wird durch die in § 13 Nr. 2 des Mietvertrags enthaltene Rückgabeklausel - wie im Falle der vorgenannten Endrenovierungsklausel (oben a) - in einem übermäßigen, gemäß § 307 BGB unzulässigen Umfang mit Renovierungsverpflichtungen belastet, weil ihm unabhängig von der Dauer des Mietverhältnisses und vom Zeitpunkt der letzten Schönheitsreparaturen die Beseitigung aller in der Wohnung vorhandenen Tapeten auferlegt wird. Die Klausel verpflichtet den Mieter nach ihrem Wortlaut sogar dann zu einer Entfernung der Wand- und Deckentapeten, wenn er diese im Rahmen der fälligen Schönheitsreparaturen gerade erst erneuert hat; in diesem Fall - eine ordnungsgemäße Ausführung vorausgesetzt - ist jedoch die erneute Herstellung einer Wand- und Deckendekoration, und damit die Beseitigung der vorhandenen Tapeten, nicht erforderlich. Entgegen der Auffassung der Revision ist es ohne Bedeutung, dass die Klausel den Mieter nur zur Entfernung, nicht dagegen zur Wiederanbringung von Tapeten verpflichtet. Denn dem Mieter wird auch hierdurch ein Übermaß an Renovierungspflichten auferlegt, wenn es in Anbetracht des Erhaltungszustandes der Tapeten einer Entfernung noch nicht bedarf. Im Übrigen wird der Mieter durch die Pflicht zur Entfernung der Tapeten, die einen erheblichen Arbeitsaufwand erfordert, nicht in geringerem Umfang belastet als durch die vorgenannte - unzulässige - Endrenovierungsklausel, die den Mieter zur Rückgabe der Wohnung in renoviertem - nicht notwendig in neu tapeziertem - Zustand verpflichtet.
Die Klausel ist auch nicht durch berechtigte Interessen des Vermieters gerechtfertigt; denn ein Interesse, den Mieter zu Renovierungsmaßnahmen in der Wohnung zu verpflichten, obwohl ein Renovierungsbedarf tatsächlich noch nicht besteht, ist nicht schutzwürdig (Senatsurteil vom 23. Juni 2004, aaO).
c) Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass die in § 8 Nr. 2 des Mietvertrags enthaltene Schönheitsreparaturklausel - wie noch auszuführen ist (unter 2.) - unwirksam ist. Denn der Verwender einer aus zwei Teilen bestehenden Klausel, deren einer Teil - hier die Rückgabeklausel - allen-falls dann Bestand haben könnte, wenn der andere Teil - die Schönheitsreparaturklausel - unwirksam ist, kann sich wegen des Gebotes der Transparenz vor-formulierter Vertragsbedingungen nicht zu seinen Gunsten auf die Unwirksamkeit des anderen Klauselteils berufen (vgl. Senatsurteil vom 14. Mai 2003, aaO).
2. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers (§§ 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB) kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt unterlassener Schönheitsre-paraturen in Betracht. Die in § 8 Nr. 2 des Mietvertrags enthaltene formularmä-ßige Schönheitsreparaturklausel, die einen "starren" Fristenplan enthält, ist ge-mäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil sie den Mieter un-angemessen benachteiligt; dies hat der Senat durch Urteil vom heutigen Tag hinsichtlich einer im Wortlaut übereinstimmenden Klausel entschieden (Urteil vom 5. April 2006 - VIII ZR 106/05, zur Veröffentlichung bestimmt, unter II m.w.Nachw.).
Entgegen der Auffassung der Revision ist das Zahlungsbegehren des Klägers auch nicht aufgrund eines Ausgleichsanspruchs wegen Umbaumaß-nahmen in der Wohnung begründet. Zwar wandelt sich der Erfüllungsanspruch des Vermieters auf Vornahme der auf den Mieter übertragenen Schönheitsreparaturen - falls der Mietvertrag nichts anderes bestimmt - in einen Ausgleichs-anspruch in Geld um, wenn der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses in der Wohnung Umbauarbeiten vornimmt (BGHZ 92, 363, 369 ff.; Urteil vom 20. Oktober 2004 - VIII ZR 378/03, NJW 2005, 425, unter II 2 a). Jedoch setzt dieser Anspruch eine wirksame Verpflichtung des Mieters zur Ausführung von Schönheitsreparaturen voraus. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, weil § 8 Nr. 2 des Mietvertrags, wie ausgeführt, der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht standhält.
3. Der Beklagten steht kein Schadensersatzanspruch wegen einer Verletzung der Pflicht der Beklagten zur ordnungsgemäßen Rückgabe der Miet-wohnung zu (§§ 546 Abs. 1, 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB). Zwar ist der Mieter, wie die Revision zutreffend aufzeigt, bei Vertragsende grundsätzlich verpflichtet, das Mietobjekt - von der durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführten Abnutzung abgesehen (§ 538 BGB) - in dem Zustand zurückzugeben, in dem es sich bei Vertragsbeginn befand; er hat deshalb, wenn sich nicht aus dem Vertrag etwas anderes ergibt, Einrichtungen, Aufbauten oder sonstige bauliche Maßnahmen zu beseitigen (Senatsurteil BGHZ 96, 141, 144 f. zu § 556 BGB a.F.; Schmidt-Futterer/Gather, aaO, § 546 Rdnr. 45 m.w.Nachw.). Entgegen der Auffassung der Revision bestand eine solche Verpflichtung der Beklagten im vorliegenden Fall jedoch nicht.
Ob die aus § 546 Abs. 1 BGB folgende Wiederherstellungspflicht des Mieters auch die Entfernung von ihm angebrachter Tapeten umfasst, bedarf keiner Entscheidung. Zustandsverändernde Maßnahmen muss der Mieter jedenfalls dann nicht beseitigen, wenn er sie im Rahmen seiner Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen durchführt (vgl. Scheuer in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Teil V Rdnr. 18 m.w.Nachw.). So liegt es hier, weil § 8 Nr. 2 des Mietvertrags den Beklagten die Ausführung der Schönheitsreparaturen auferlegt, zu denen auch Tapezierarbeiten gehören (vgl. BGHZ 92, 363, 368). Als Verwender der Formularklausel kann sich der Kläger nicht auf deren Unwirksamkeit berufen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 1997 - VII ZR 187/96, NJW-RR 1998, 594 = WM 1998, 767, unter III 2 b; Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR 249/01, NJW-RR 2005, 314, unter III). Anderenfalls würde der Mieter - die von der Revision befürwortete Anwendbarkeit des § 546 Abs. 1 BGB vorausgesetzt - schlechter gestellt als im Falle der Wirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel, die einen Wiederherstellungsanspruch des Vermieters, wie ausgeführt, von vorneherein ausschließt und den Mieter - anders als im Falle der Anwendbarkeit des § 546 Abs. 1 BGB - allenfalls dann zu einer Entfernung der Tapeten verpflichtet, wenn ihr Zustand dies erfordert.
Entgegen der Auffassung der Revision sind die Beklagten auch nicht deshalb gemäß § 546 Abs. 1 BGB zur Beseitigung verpflichtet, weil sie - wie die Revision geltend macht - nicht überstreichbare Wasserschutz- oder Schaumtapeten angebracht, nur von der Decke bis zur Mitte der Wand tapeziert oder die Tapete mit nicht entfernbaren PVC-Belägen beklebt haben. Die Revision zeigt nicht auf, dass, soweit darin eine unfachmännische Renovierung der Wohnung zu sehen ist, Beseitigungsmaßnahmen erforderlich sind, die über den Umfang der Arbeiten hinausgehen, die vom Mieter im Rahmen der - von der Wiederherstellungspflicht nach § 546 Abs. 1 BGB nicht erfassten - auf ihn übertragenen Schönheitsreparaturen zu erbringen wären.


Dr. Beyer Dr. Leimert Wiechers
Dr. Wolst Hermanns
Vorinstanzen:
AG Fürth, Entscheidung vom 16.03.2005 - 330 C 2816/04 -
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 24.06.2005 - 7 S 3016/05 -

pdf BGH_VIII_ZR_152_05.pdf (0.05 MB)

23.06.2004 Zur Unwirksamkeit einer mietvertraglichen Formularklausel, durch die dem Mieter die Ausführung der Schönheitsreparaturen nach einem "starren" Fristenplan auferlegt
wird.

BGH, VIII ZR 361/03

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Juni 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter
Dr. Beyer, Ball, Wiechers und Dr. Wolst
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 17. Zivilkammer
des Landgerichts Frankfurt am Main vom 7. November 2003 wird
zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Zahlung eines Vorschusses auf Kosten von Schönheitsreparaturen. Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung in der B. Straße in
F. ; dem Kläger wurde nachfolgend ein Nießbrauch an diesem
Grundstück eingeräumt. § 16 Ziff. 4 des Formularmietvertrags vom 15. Oktober
1979 enthält unter anderem folgende Regelung:
"Der Mieter ist insbesondere verpflichtet, auf seine Kosten die
Schönheitsreparaturen (…) in den Mieträumen, wenn erforderlich, mindestens aber in der nachstehenden Zeitfolge fachgerecht auszuführen.

Die Zeitfolge beträgt: bei Küche, Bad und Toilette - 2 Jahre,
bei allen übrigen Räumen - 5 Jahre."
Der Kläger trägt vor, die Beklagte habe seit Beginn des Mietverhältnisses
im November 1979 keine Schönheitsreparaturen durchgeführt. Hierzu sei sie
mit Schreiben vom 20. Dezember 2000 unter Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung
vergeblich aufgefordert worden. Die Beklagte ist der Auffassung, die
Schönheitsreparaturklausel sei unwirksam.
Der Kläger hat mit seiner Klage Zahlung eines Betrags von 4.825,16 €
als Vorschuss für die Ausführung der Schönheitsreparaturen nebst Zinsen verlangt.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung
des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen
Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Die Beklagte ist im
Revisionsverfahren unvertreten geblieben.

Entscheidungsgründe

I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses zur
Sicherung nach Auszug der Mieterin notwendiger Schönheitsreparaturen, da
die Beklagte zu deren Ausführung nicht verpflichtet sei. Die Formularklausel in
§ 16 Ziff. 4 des Mietvertrags sei unwirksam; sie stelle eine unangemessene Benachteiligung
im Sinne des § 307 BGB dar und verstoße zudem gegen § 309
Nr. 5 BGB analog. Die für Küche, Bad und WC vorgesehene Renovierungsfrist
von zwei Jahren liege unterhalb der allgemein anerkannten Frist von drei Jahren.
Diese Fristenverkürzung benachteilige wegen der mit der Frist verbundenen
Beweislastumkehr, dass tatsächlich kein Renovierungsbedarf bestehe, den
Mieter unangemessen. Die Klausel sei allerdings nicht nur insoweit, sondern
insgesamt unwirksam. Durch die Formulierung, dass "mindestens" nach Ablauf
der genannten Fristen zu renovieren sei, werde dem Mieter der Beweis abgeschnitten,
dass sich die Räume tatsächlich nicht im dekorationsbedürftigen Zustand
befänden, etwa aufgrund längerer Abwesenheitszeiten oder einer nur
teilweisen Nutzung. Eine derartige Vereinbarung fester Renovierungsfristen
- unabhängig vom tatsächlichen Zustand der Mieträume - benachteilige den
Mieter unangemessen; sie sei zudem in entsprechender Anwendung des § 309
Nr. 5 BGB unwirksam.

II.
Dies hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand. Die Revision des Klägers
ist daher zurückzuweisen.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vorschußzahlung
wegen der von ihm behaupteten Kosten von Schönheitsreparaturen. Die
Beklagte ist zur Ausführung von Schönheitsreparaturen nicht verpflichtet. Dem
Berufungsgericht ist darin zu folgen, daß § 16 Ziff. 4 des Mietvertrags gemäß
§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB beziehungsweise § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam ist, da
die Formularklausel den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben
unangemessen benachteiligt.

1. Das Berufungsgericht hat die in § 16 Ziff. 4 des Mietvertrags enthaltene
Fälligkeitsregelung, wonach Schönheitsreparaturen wenn erforderlich, mindestens
aber in der Zeitfolge von zwei Jahren in Küche, Bad und Toilette sowie von fünf Jahren in allen übrigen Räumen auszuführen sind, zu Recht als Vereinbarung
verbindlicher Renovierungsfristen ausgelegt. Diese Auslegung unterliegt
der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht, da der
vom Landesverband der Hessischen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer
e.V. herausgegebene Formularmietvertrag im Land Hessen und damit über
den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus Verwendung findet (vgl. BGHZ 98,
256, 258; 134, 42, 45; Senat, Urteil vom 19. März 2003 - VIII ZR 135/02, WM
2003, 1092 = NJW 2003, 2607 unter II 1 a). Allgemeine Geschäftsbedingungen
sind gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen,
wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung
der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden,
wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners
des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., vgl. BGHZ 102, 384,
389 f.; BGH, Urteil vom 23. Mai 2003 - V ZR 393/02, WM 2003, 1967 unter
II 1 a; Senatsurteil vom 22. Dezember 2003 - VIII ZR 90/02, WM 2004, 748
= NJW-RR 2004, 262 unter II 1, jeweils m.w.Nachw.).
Entgegen der Auffassung der Revision ist der in § 16 Ziff. 4 des Mietvertrags
enthaltene Fristenplan nicht lediglich als Richtlinie in dem Sinne zu verstehen,
daß nach Fristablauf ein Anschein für die Renovierungsbedürftigkeit der
Wohnung spricht. Vielmehr liegt eine "starre" Fälligkeitsregelung vor. Nach dem
Wortlaut der Klausel sind die Schönheitsreparaturen "wenn erforderlich, mindestens
aber" nach dem dort aufgeführten Fristenplan auszuführen. Dies kann
aus der Sicht eines verständigen Mieters nur die Bedeutung haben, daß er zur
Ausführung der Renovierungsarbeiten in Küche, Bad und Toilette spätestens
nach zwei Jahren und in allen übrigen Räumen spätestens nach fünf Jahren
verpflichtet ist, auch wenn die gemieteten Räume nach ihrem tatsächlichen Erscheinungsbild
noch nicht renovierungsbedürftig sind.
2. Die in § 16 Ziff. 4 des Mietvertrags enthaltene "starre" Fälligkeitsregelung
ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB bzw. § 9 Abs. 1, Abs. 2
Nr. 1 AGBG unwirksam, da sie dem Mieter ein Übermaß an Renovierungsverpflichtungen
auferlegt (vgl. BGHZ 101, 253, 263 f.).
a) Formularklauseln, die einen starren Fristenplan vorsehen, werden in
Rechtsprechung und Literatur verbreitet als unzulässig angesehen (LG Marburg
ZMR 2000, 539, 540 f.; LG Berlin GE 1999, 983; Langenberg in Schmidt-
Futterer, Mietrecht, 8. Aufl., § 538 Rdnr. 223 f. m.w.Nachw.; Münch-
KommBGB/Voelskow, 3. Aufl., §§ 535, 536 Rdnr. 104; Häublein, ZMR 2000,
139, 141 m.w.Nachw.; Kinne in Börstinghaus, Mietrecht in der Praxis, Fach 3
Rdnr. 18/1; a.A. Kraemer in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl., III A Rdnr. 1070).
Diese Auffassung trifft für den vorliegenden Fall zu. Eine unangemessene Benachteiligung ist gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB bzw. § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Eine solche Abweichung, die gegen die Gebote von Treu und
Glauben verstößt, liegt hier vor. Nach der gesetzlichen Regelung in § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Hierzu gehört auch die Pflicht zur Ausführung der Schönheitsreparaturen. Zwar kann der Vermieter diese Pflicht durch Vereinbarung - auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen - auf den Mieter übertragen (st. Rspr., BGHZ 92, 363; 101, 253). Jedoch ist eine formularvertragliche Bestimmung, die den Mieter mit Renovierungsverpflichtungen belastet, die über den tatsächlichen Renovierungsbedarf hinausgehen, mit der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar. Sie würde dem Mieter eine höhere Instandhaltungsverpflichtung auferlegen, als der Vermieter dem Mieter ohne vertragliche Abwälzung der Schönheitsreparaturen gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB schulden würde (vgl. M. Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 4. Aufl., § 9 M Rdnr. 68; Häublein, aaO). Auch ist ein Interesse des Vermieters, den Mieter zur Renovierung der Wohnung zu verpflichten, obwohl ein Renovierungsbedarf tatsächlich noch nicht besteht, nicht schützenswert.
b) Anhaltspunkte für einen tatsächlich entstehenden Renovierungsbedarf in Wohnräumen bietet der in § 7 Fußnote 1 des vom Bundesministerium der Justiz herausgegebenen Mustermietvertrags 1976, Fassung I (Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 22/76, abgedruckt bei Gelhaar in BGB-RGRK, 12. Aufl., Vor § 535 Rdnr. 87) enthaltene und in der Praxis anerkannte Fristenplan, wonach
Schönheitsreparaturen im allgemeinen in Küchen, Bädern und Duschen alle drei Jahre, in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten alle fünf Jahre und in anderen Nebenräumen alle sieben Jahre erforderlich sein werden (BGHZ 92, 363, 368 f.; 101, 253, 263 f.). Hiervon weicht die vorliegende Klausel zum einen hinsichtlich der Frist für Küche, Bad, Toilette und Nebenräumen
zum Nachteil des Mieters ab, zum anderen dadurch, daß der Fristenplan nicht lediglich für den Regelfall des "im allgemeinen" entstehenden Renovierungsbedarfs gelten soll, sondern die Renovierung ausnahmslos nach Ablauf der jeweiligen Frist vorschreibt. Das Berufungsgericht ist mit Recht der Auffassung, dass die Räume einer Mietwohnung auch nach Ablauf der in § 16 Ziff. 4
des Mietvertrags angegebenen Fristen von zwei beziehungsweise fünf Jahren nicht zwangsläufig renovierungsbedürftig sein müssen. Hieran kann es insbesondere fehlen, wenn der Mieter die Wohnung oder einzelne Räume wenig nutzt, etwa im Falle einer längeren Abwesenheit, oder wenn er die Räume mit besonders "langlebigen" Tapeten oder Farben dekoriert hat (vgl. Langenberg,
aaO und eingehend AG Gießen, WuM 2002, 212, 213; vgl. auch die in Anlage 5 zu den Wertermittlungsrichtlinien 1991 [Tapezier- und Malerarbeiten] angegebenen, unterschiedlichen Haltbarkeitszeiten, abgedruckt bei Lützenkirchen, ZMR 1998, 605, 606). Dem trägt die Klausel nicht hinreichend Rechnung, da sie im Einzelfall dazu führen kann, dass der Mieter Schönheitsreparaturen unabhängig vom tatsächlichen Renovierungsbedarf auszuführen hat.
c) Die Beurteilung der Fristenbestimmung als unwirksam steht nicht im Widerspruch zu früheren Entscheidungen des Senats. In dem von der Revision angeführten Urteil vom 25. Juni 2003 (VIII ZR 335/02, NJW 2003, 3192) hat der Senat nicht entschieden, ob eine mit der vorliegenden Klausel vergleichbare Schönheitsreparaturklausel für sich genommen wirksam war, da sich ihre Unwirksamkeit bei einer Gesamtbetrachtung bereits aufgrund eines Summierungseffekts im Zusammenhang mit einer Endrenovierungsklausel ergab (aaO, unter III 3). In dem vom Berufungsgericht erwähnten Urteil vom 3. Juni 1998 (VIII ZR 317/97, NJW 1998, 3114 = WM 1998, 2145; Vorinstanz OLG Frankfurt am Main, NJW-RR 1998, 368, dort mit ausführlicher Wiedergabe des Verfahrensgangs) hat der Senat in einem Verfahren nach §§ 13 ff. AGBG zwei Formularklauseln als wirksam angesehen, die jeweils Rechtsfolgen an den Ablauf von Renovierungsfristen knüpften und zu diesem Zweck auf eine mit der vorliegenden Bestimmung vergleichbare Schönheitsreparaturklausel Bezug nahmen. Die Formularklausel, in der der Fristenplan enthalten ist, war nicht Gegenstand des Verfahrens, so daß der Senat hierüber nicht entschieden hat.

3. Die Unwirksamkeit der in § 16 Ziff. 4 des Mietvertrags geregelten Fristenbestimmung hat die Unwirksamkeit auch der Schönheitsreparaturverpflichtung zur Folge (vgl. LG Berlin WuM 2002, 668; LG Berlin GE 2003, 124, jeweils m.w.Nachw.; LG Hamburg WuM 1992, 476; LG Köln 1989, 506; Langenberg, aaO Rdnr. 221; a.A. Häublein, aaO, S. 142 f.; Lützenkirchen, aaO, S. 608). Die
in § 16 Ziff. 4 enthaltene Schönheitsreparaturverpflichtung ließe sich nur dann aufrechterhalten, wenn sich die Formularklausel aus sich heraus verständlich und sinnvoll in einen zulässigen und in einen unzulässigen Regelungsteil trennen ließe (Senatsurteil vom 25. Juni 2003 - VIII ZR 344/02, NJW 2003, 2899, unter II 2 m.w.Nachw.). Hieran fehlt es. Zwar könnte der erste Teil der Klausel sprachlich ohne den Fristenplan bestehen bleiben; dies gilt aber schon nicht für den Zusatz, dem eine eigenständige Bedeutung nicht zukommt. Jedenfalls hätte ein Wegfall des Fristenplans zur Folge, dass die Renovierungsvorschrift inhaltlich umgestaltet würde; denn der Fristenplan bildet mit der Überwälzung der Schönheitsreparaturen eine Einheit, indem er den Umfang der Renovierungsverpflichtung konkretisiert. Bliebe die Klausel nach Streichung der Worte "mindestens aber in der nachstehenden Zeitfolge" und des nachstehenden Fristenplans bestehen, würde der Umfang der auf den Mieter übertragenen Renovierungsverpflichtung auf das gerade noch zulässige Maß zurückgeführt. Dies wäre jedoch eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion der Formularklausel.

III.
Da sich die Revision des Klägers nach alledem als unbegründet erweist, ist sie - ungeachtet der Säumnis der Beklagten durch kontradiktorisches Urteil - mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Dr. Deppert Dr. Beyer Ball
Wiechers Dr. Wolst

pdf BGH_VIII_ZR_361_03.pdf (0.05 MB)

05.04.2006 BGH zu Schönheitsreparaturen - Auf die konkrete Formulierung kommt es an

BGH, VIII ZR 178/05

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 8. März 2006 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Beyer, Ball, Dr. Wolst sowie die Richterin Hermanns
für Recht erkannt:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 21. Juli 2005 wird zurückgewiesen.Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Von Rechts wegen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Erstattung von Renovierungskosten nach Beendigung eines Mietverhältnisses.
Mit Vertrag vom 29. Juni 1999 hatte der Beklagte von der Klägerin eine Wohnung im Anwesen F. straße in V. ab dem 16. Juli 1999 gemietet. Das Mietverhältnis endete aufgrund der Kündigung des Beklagten am 29. Februar 2004.
Zu den Schönheitsreparaturen enthält der Mietvertrag in § 6 unter anderem folgende formularmäßige Regelungen:
(1) Der Mieter hat während der Mietzeit die Schönheitsreparaturen auf seine Kosten sach- und fachgerecht auszuführen, und
zwar: in Küche, Bad, WC alle 3 Jahre, in den übrigen Räumen alle 5 Jahre.
Die Renovierungsfristen beginnen in jedem Fall mit Beginn des Mietverhältnisses zu laufen. Zu einer Anfangsrenovierung ist der Mieter nicht verpflichtet.

(2) Nach Beendigung des Mietverhältnisses hat der Mieter vor Rückgabe der Wohnung unter Berücksichtigung des vereinbarten Fristenplanes alle bis dahin je nach (dem) Grad der Abnutzung oder Beschädigung erforderlichen Schönheitsreparaturen auszuführen.

(3) Weist der Mieter nach, dass die letzten Schönheitsreparaturen innerhalb der o.g. Fristen ... durchgeführt worden sind, und befindet sich die Wohnung in einem einer normalen Abnutzung entsprechenden Zustand, so muss er anteilig den Betrag an den Vermieter zahlen, der aufzuwenden wäre, wenn die Wohnung im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung renoviert würde; dasselbe gilt, wenn und soweit bei Vertragsbeendigung die obigen Fristen seit Beginn des Mietverhältnisses noch nicht vollendet sind.

Der Mieter kann die Zahlungsverpflichtung dadurch abwenden, dass er die Schönheitsreparaturen fachgerecht selbst durchführt."
Der Beklagte hatte während des Mietverhältnisses keine Schönheitsreparaturen durchgeführt. Die Klägerin holte deshalb einen Kostenvoranschlag eines Malerbetriebes ein. Auf der Grundlage des Kostenvoranschlages forderte sie den Beklagten vorprozessual zur Bezahlung der vollständigen Kosten für einen Deckenanstrich im Bad und in der Küche in Höhe von 91,20 € sowie der (zeit-)anteiligen Kosten (55,5/60) für die Renovierung der übrigen Räume von 763,06 € auf. Mit ihrer Klage hat sie neben den Renovierungskosten von insgesamt 854,26 € rückständige Mieten, eine Betriebskostennachforderung für 2002 und Schadensersatzansprüche geltend gemacht; nach Verrechnung mit dem Kautionsrückzahlungsanspruch des Beklagten und einem geringfügigen Betriebskostenguthaben hat sie 1.135,87 € nebst Zinsen verlangt.

Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben; hinsichtlich der Renovierungskosten hat es sie abgewiesen. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Forderung auf Bezahlung der Renovierungskosten weiter.
Entscheidungsgründe:

I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klausel über die Verpflichtung des Mieters zur Durchführung der Schönheitsreparaturen in § 6 Nr. 1 des Miet-vertrages sei unwirksam, weil sie hierfür starre Fristen unabhängig vom tatsächlichen Zustand der Wohnung vorsehe. Eine solche Regelung benachteilige, wie der Bundesgerichtshof bereits wiederholt entschieden habe, den Mieter unangemessen im Sinne des hier noch anwendbaren § 9 AGBG; sie sei deshalb unwirksam. An der Unwirksamkeit der Klausel ändere sich auch dadurch nichts, dass möglicherweise für den Fall des Auszugs eine flexiblere Handhabung vor-gesehen sei. Dabei könne dahinstehen, ob die betreffende Klausel in § 6 Nr. 2 des Mietvertrages mit ihrer undeutlichen Formulierung über die Berücksichtigung des Fristenplanes im Verhältnis zu dem Grad der Abnutzung dem Transparenzgebot entspreche. Jedenfalls lasse sich dieser Bestimmung nicht entnehmen, dass sie die Fristen des § 6 Nr. 1 relativieren solle. Sei aber die Verpflichtung des Beklagten, überhaupt Schönheitsreparaturen durchzuführen, unwirksam, so könne auch die Kostenregelung des § 6 Nr. 3, die gerade auf dieser Verpflichtung beruhe, keinen Bestand haben.

II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
1. Im Ergebnis erweist sich die Rüge der Revision, das angefochtene Ur-teil genüge nicht den Anforderungen des § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, weil es die Berufungsanträge nicht wiedergebe, als unbegründet. Zwar schließt die im Berufungsurteil enthaltene Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils den Berufungsantrag nicht ein; dieser ist vielmehr auch nach dem reformierten Zivilprozessrecht in das Berufungsurteil aufzunehmen. Das Urteil muss deshalb, wenn es - wie hier - auf die wörtliche Wiedergabe des Antrages verzichtet, wenigstens erkennen lassen, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat (Senatsurteil BGHZ 154, 99). Diesen Anforderungen wird die angefochtene Entscheidung noch gerecht. In Verbindung mit den in Bezug genommenen, teilweise in den erstinstanzlichen Entscheidungsgründen enthaltenen Feststellungen des Amtsgerichts lassen die Gründe des Berufungsurteils hinreichend klar erkennen, dass die Klägerin ihr Klagebegehren weiterverfolgt hat, soweit das Amtsgericht die Klage - hinsichtlich der Kosten für Schönheitsreparaturen in Höhe von insgesamt 854,26 € - abgewiesen hat.

Zu Unrecht beanstandet die Revision ferner, das Berufungsurteil verstoße jedenfalls deshalb gegen die Vorschrift des § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO,


weil es den Berufungsantrag bezüglich der Zinsansprüche aus dem vom Amts-gericht zuerkannten Hauptanspruch nicht wiedergebe, soweit diese im erstinstanzlichen Urteil abgewiesen worden seien. Entgegen der Ansicht der Revision hat die Klägerin diese Zinsforderung in der Berufungsinstanz nicht weiterverfolgt. Sie hat in ihrer Berufungsbegründung zwar zwei Daten des erstinstanzlichen Ausspruchs über die Verzugszinsen "beanstandet", aus "Vereinfachungs-gründen" aber sogar in ihrem Berufungsantrag die Zinsdaten für die weiter geltend gemachten Renovierungskosten aus dem Tenor des amtsgerichtlichen Urteils zu dem ihr zuerkannten Betrag übernommen. Eine Abänderung des Ur-teils der Vorinstanz bezüglich der Zinsen aus dem zugesprochenen Betrag hat sie nicht begehrt. Aus diesem Grund bleibt die weitere Rüge der Revision, das Berufungsurteil sei hinsichtlich des Zinsbegehrens der Klägerin teilweise nicht mit Gründen versehen (§ 547 Nr. 6 ZPO), gleichfalls ohne Erfolg.
2. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die im Berufungsverfahren von der Klägerin noch geltend gemachten Ansprüche verneint. Der Klägerin steht weder nach § 6 Nr. 3 des Mietvertrages ein Anspruch auf (zeit-)anteilige Abgeltung der Renovierungskosten für Wohnzimmer, Eltern-zimmer und Flur (55,5/60 Monate) noch gemäß § 6 Nr. 1 und 2 des Mietvertrages ein Schadensersatzanspruch für die Kosten des Deckenanstrichs in Bad und Küche zu.

a) In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Senats hat das Berufungsgericht angenommen, dass die formularmäßige Schönheitsreparaturenklausel in § 6 Nr. 1 Satz 1 des Mietvertrages einen starren Fristenplan enthält und deshalb wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters nach § 9 Abs. 1 AGBG (jetzt § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) unwirksam ist (vgl. Senatsurteile vom 23. Juni 2004 - VIII ZR 361/03, NJW 2004, 2586 = WuM 2004, 463, vom 22. September 2004 - VIII ZR 360/03, NJW 2004, 3775 = WuM 2004,

660, und vom 13. Juli 2005 - VIII ZR 351/04, NJW 2005, 3416 = ZMR 2005, 934). Aus der Sicht eines verständigen Mieters macht es keinen Unterschied, ob der Fristenplan - wie hier - eine bestimmte Frist ohne jeden Zusatz enthält oder ob die Verbindlichkeit der genannten Frist durch Worte wie "mindestens" beziehungsweise "spätestens" verstärkt wird. In seinen einschlägigen Entscheidungen hat der Senat stets darauf abgestellt, ob ein angegebener Zeitraum durch Formulierungen wie "in der Regel", "im Allgemeinen" oder ähnliche Wendungen - für den Mieter erkennbar - so flexibel vereinbart war, dass nach dem Wortlaut der Klausel im Einzelfall eine Anpassung der Renovierungsintervalle an den tatsächlichen Renovierungsbedarf möglich war. Fehlt ein derartiger Zu-satz, so ist nach dem eindeutigen Wortlaut der Fristenklausel ein Abweichen zugunsten des Mieters nicht vorgesehen; sie ist dann aus der Sicht des Mieters nicht weniger "starr" als bei sprachlichen Hinzufügungen, die eine Verlängerung der Frist nicht zulassen.
Etwas anderes ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus der Regelung in § 6 Nr. 2 des Mietvertrages, der die Renovierungspflicht des Mieters nach Beendigung des Mietverhältnisses betrifft. Durch die Formulierung "unter Berücksichtigung des vereinbarten Fristenplanes" wird eine Verbindung zu den in § 6 Nr. 1 vereinbarten verbindlichen Fristen hergestellt, so dass die Bestimmung des § 6 Nr. 2 von der Unwirksamkeit des § 6 Nr. 1 des Vertrages ergriffen wird. Dass durch die Wendung "je nach dem Grad der Abnutzung oder Beschädigung" die in § 6 Nr. 1 angeführten Fristen bei Beendigung des Mietverhältnisses relativiert werden sollen, ist, wie das Berufungsgericht zu Recht bemerkt hat, nicht zu erkennen.

b) Auch die Revision zieht letztlich nicht in Zweifel, dass der Fristenplan in § 6 Nr. 1 starr und die Klausel deshalb unwirksam ist; sie meint jedoch, hier-auf komme es nicht an, weil die Abgeltungsklausel in § 6 Nr. 3 des Mietvertrages - die für die Kosten der Renovierung des Wohnzimmers, des Elternzimmers und des Flurs heranzuziehen ist - unabhängig von der Renovierungsklausel in § 6 Nr. 1 sei. Das trifft nicht zu.

aa) In welchem Verhältnis die beiden Regelungen in § 6 Nr. 1 und 3 des vorformulierten Mietvertrages stehen, ist durch Auslegung zu ermitteln. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung, weil Mietvertragsklauseln, die der hier zu beurteilenden Regelung entsprechen, auch über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus verwendet werden (Senatsurteil vom 13. Juli 2005 aaO unter II 1).
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektivem Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind (st.Rspr., z.B. Senatsurteil vom 13. Juli 2005 aaO unter II 2). Dazu gehört unter anderem, dass auch der durchschnittliche Mieter in der Lage ist, vertragliche Klauseln im Zusammenhang zu lesen und daraus ihren Sinn zu ermitteln (Senatsurteil vom 28. April 2004 - VIII ZR 230/03, NJW 2004, 2087 = WuM 2004, 333 unter III a).

bb) Der enge Zusammenhang der hier zu prüfenden Klauseln ergibt sich schon aus der Systematik der Regelung; beide sind Teil des mit "Erhaltung der Mietsache" überschriebenen § 6 des Mietvertrages. Die maßgebenden Begriffe sind weitgehend identisch ("Schönheitsreparaturen", "Fristen", "Renovierung"). Die - als solche grundsätzlich unbedenkliche (Senatsurteil BGHZ 105, 71) - Abgeltungsklausel in Nr. 3 verweist an zwei Stellen auf die "o.g. Fristen" beziehungsweise "obigen Fristen" in Nr. 1. Für den verständigen Leser des angesprochenen Personenkreises kann unter diesen Umständen kein Zweifel bestehen, dass die einzelnen Bestimmungen des § 6 eine einheitliche, zusammen-gehörige Gesamtregelung der Renovierungsverpflichtungen des Mieters dar-stellen. Dabei bildet die Klausel der Nr. 1 mit der Überbürdung der Erhaltungs-pflicht auf den Mieter eindeutig erkennbar die Grundlage für die nachfolgenden Regelungen in den Nrn. 2 und 3. Fällt diese Grundlage weg, so verlieren die daran anschließenden Bestimmungen ihre Rechtfertigung und ihren Sinn. Ist der Mieter, wie dargetan, nicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen verpflichtet, trifft ihn auch keine Verpflichtung zur anteiligen Abgeltung der Kosten bei Beendigung des Mietverhältnisses nach § 6 Nr. 3 des Mietvertrags. Die von der Revision aufgeworfene Frage einer Teilbarkeit der Schönheitsreparatur-klauseln stellt sich daher nicht.
3. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Ersatz der vollen Kosten für das Streichen der Decken in Küche und Bad in Höhe von 91,20 € gleichfalls nicht zu. Allerdings handelt es sich bei der letztgenannten Forderung nicht, wie die Revision meint, ebenfalls um einen quotenmäßigen Abgeltungsanspruch im Sinne des § 6 Nr. 3 des Mietvertrags; denn für Küche und Bad wäre die Renovierungspflicht des Beklagten - ihre wirksame Vereinbarung unterstellt - mit Ablauf der in § 6 Nr. 1 genannten Frist von drei Jahren, mithin am 16. Juli 2002 fällig geworden. Der von der Klägerin insoweit der Sache nach geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (wegen nicht erbrachter Leistung) gemäß §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB ist nicht begründet, weil es, wie eingangs erwähnt, an einer wirksamen Vereinbarung über die Übertragung der Renovierungspflicht auf den Beklagten fehlt. Auf die Frage, ob die sonstigen

Voraussetzungen des § 281 BGB erfüllt sind, kommt es demnach nicht mehr an.
Dr. Deppert Dr. Beyer Ball
Dr. Wolst Hermanns
Vorinstanzen:
AG Velbert, Entscheidung vom 14.12.2004 - 17 C 372/04 -
LG Wuppertal, Entscheidung vom 21.07.2005 - 9 S 1/05 -

pdf BGH_VIII_ZR_178_05.pdf (0.05 MB)

06.11.2013 Mieter dürfen keine bunten Wände hinterlassen

BGH, VIII ZR 416/12

Hinterlassen Mieter beim Auszug aus der Wohnung die Wände in bunten Farben, sind sie zum Schadenersatz verpflichtet. Das gilt auf jeden Fall dann, wenn die Wohnung ursprünglich in weiß renoviertem Zustand übernommen worden ist, urteilte der Bundesgerichtshof in Karlsruhe.

Damit muss eine Familie aus Butzbach auf ihre Kaution verzichten und zusätzlich noch 874,30 € Schadenersatz an ihren Vermieter zahlen. Die Familie hatte von 2007 bis 2009 eine Doppelhaushälfte gemietet. Die Zimmer waren beim Einzug weiß gestrichen. Als die Familie auszog, wurde es dem Vermieter zu bunt. Einzelne Wände waren nun rot, gelb und blau gestrichen. Der Vermieter befürchtete, das Haus in diesem Zustand nicht vermieten zu können - er ließ die farbigen Wände streichen. Die Kosten von 3.648,82 € sollten die ausgezogenen Mieter übernehmen.

Der BGH gab dem Vermieter recht. Dem Vermieter sei ein Schaden entstanden, den er für eine Neuvermietung wieder beseitigen muss. Die Kosten können vom Mieter eingefordert werden. Die Mieter müssen die mit weißen Wänden übergeben - auch übliche Farben wie eierschalengelb seien noch angemessen, so der BGH.

Kann der Vermieter eine regelmäßige Renovierung verlangen?

Nur unter bestimmten Voraussetzungen: Klauseln mit festen Fristplänen, wonach etwa Küche und Bad alle drei Jahre renoviert werden müssen, sind umwirksam. (BGH, VIII ZR 178/05, VIII ZR 361/03 und VIII ZR 152/05). Fristen sind starr, wenn ihr Wortlaut keine Alternative zulässt. Doch Vorsicht: Enthält der Mietvertrag Abschwächungen, wonach Schönheitsreparaturen "im Allgemeinen" oder "in der Regel" alle drei Jahre durchzuführen sind, ist die Regelung wirksam.

Kann ein Mieter seine Mietwohnung streichen, wie er will?

Ja. Klauseln, die die Zustimmung des Vermieters zu abweichenden Anstrichen oder Tapeten voraussetzen, sind unwirksam (BGH VIII ZR 199/06). Gültig sind aber Klauseln, die die Rückgabe der Wohnung bei Mietende in " dezenten Farbtönen" fordern (BGH, VIII ZR 198/10).

Muss bei Auszug immer renoviert werden?

Klauseln, die beim Auszug grundsätzlich eine fachmännische Renovierung fordern, sind unwirksam, weil auch Mieter betroffen wären, die nur einige Monate in der Wohnung lebten. (BGH, VIII ZR 308/02 und VIII ZR 316/06).

pdf Mieter_duerfen_keine_bunten_Waende_hinterlassen.pdf (0.03 MB)

23.03.2011 Fristlose Kündigung des Wohnraummietvertrages wegen Zahlungsverzug: Verschulden des unberechtigt mindernden Mieters

Der eine fristlose Kündigung begründende Zahlungsverzug entfällt nicht wegen fehlenden Verschuldens des Mieters, wenn dieser bei Anwendung verkehrsüblicher Sorgfalt hätte erkennen können, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des von ihm in Anspruch genommenen Minderungsrechts nicht bestehen (im Anschluss an BGH, Urteil vom 25. Oktober 2006 - VIII ZR 102/06, NZM 2007, 35).

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerinnen wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Landshut vom 23. März 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben als zum Nachteil der Klägerinnen erkannt worden ist. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Freising vom 27. Mai 2010 wird insgesamt zurückgewiesen. Die Beklagten haben die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Beklagten sind seit 1. September 2007 Mieter eines Einfamilienhauses der Klägerinnen in F. . In § 4 Nr. 1 des Mietvertrags ist bestimmt, dass die Miete mit den Nebenkosten monatlich im Voraus, spätestens am 3. Werktag des Monats kostenfrei an den Vermieter zu zahlen ist.
Im Dezember 2008 teilten die Beklagten den Klägerinnen mit, dass sich im Haus aufgrund baulicher Mängel Schimmel und Kondenswasser bilde, und baten um Abhilfe, die die Klägerinnen ablehnten. Nach deren Ansicht, die sie 1 den Beklagten anlässlich eines Ortstermins im Dezember 2008 mitteilten, ist das Heizungs- und Lüftungsverhalten der Beklagten für die Schimmel- und Kondenswasserbildung verantwortlich.
Die Beklagten minderten daraufhin die vertraglich vereinbarte Bruttomiete in Höhe von 1.550 €/Monat für die Monate März 2009 bis Juni 2010 um jeweils 310 € (20%).
Mit ihrer Klage nehmen die Klägerinnen die Beklagten auf Zahlung des für die Monate März 2009 bis Januar 2010 aufgelaufenen Mietrückstands (3.410 €) nebst Zinsen sowie auf Räumung des Hauses in Anspruch. Den mit Schriftsatz vom 7. Januar 2010 (dem Beklagtenvertreter zugestellt am 8. Januar 2010) klageerweiternd geltend gemachten Räumungsanspruch stützen sie zum einen auf die mit diesem Schriftsatz ausgesprochene fristlose Kündigung, in der der bis einschließlich Januar 2010 offene Mietzahlungsrückstand von 3.410 € aufgeführt ist, zum anderen auf eine weitere in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 22. Dezember 2010 ausgesprochene fristlose (hilfsweise ordentliche) Kündigung, in der der bis Juni 2010 aufgelaufene Mietzahlungsrückstand von 4.960 € genannt ist.


Das Amtsgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens mit Urteil vom 27. Mai 2010 einen zur Minderung berechtigenden Mangel des vermieteten Anwesens verneint und der Klage in vollem Umfang stattgegeben.
Die Beklagten glichen daraufhin im Juni 2010 den für die Monate Februar 2010 bis Mai 2010 aufgelaufenen Mietrückstand in Höhe von 1.240 € aus und nahmen ab Juli 2010 unter Vorbehalt die Mietzahlungen wieder in voller Höhe auf. Während des Berufungsverfahrens zahlten die Beklagten am 17. Februar 2011 weitere 3.720 € (Mietrückstand März 2009 bis Januar 2010 zuzüglich 3 Mietrückstand Juni 2010) an die Klägerinnen und glichen damit den zu dieser Zeit noch offenen Mietrückstand vollständig aus.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht, nachdem die Parteien die Hauptsache in Höhe von 3.410 € übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, die Beklagten in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zur Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 3.410 € seit 8. Juli 2010 bis 17. Februar 2011 verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger den Räumungsanspruch weiter und erstreben die Abänderung des Berufungsurteils, soweit dort zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.

 

Gründe

Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Den Klägerinnen stehe der geltend gemachte Räumungsanspruch nicht zu, da weder die Kündigung vom 7. Januar 2010 noch die Kündigung vom 22. Dezember 2010 das Mietverhältnis beendet habe. Zwar habe zu beiden Zeitpunkten Rückstand mit mehr als zwei Monatsmieten bestanden. Die Wirksamkeit der fristlosen Kündigungen vom 7. Januar und 22. Dezember 2010 erfordere nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b BGB jedoch, dass die Beklagten mit den Mietzahlungen in Verzug gewesen seien. Daran fehle es, denn die Beklag-7 ten treffe kein Verschulden an der Nichtzahlung der Miete, da die von ihnen vorgenommene Minderung nicht offensichtlich unberechtigt und nicht unangemessen gewesen sei.
Hinsichtlich des Verschuldensmaßstabs des § 276 BGB sei im Rahmen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB ein großzügiger Maßstab anzulegen. Bestünden sachlich gerechtfertigte Meinungsverschiedenheiten über die Höhe der Mietzahlung (Berechtigung der Minderung), müssten diese im Wege der Leistungsklage ausgetragen werden. Der Rückgriff des Vermieters auf das Kündigungsrecht sei in diesen Fällen sachfremd, weil § 543 BGB nicht als Druckmittel gegen den Mieter eingesetzt werden dürfe, um ihn zum Verzicht auf die Geltendmachung seiner Rechte zu bewegen. Da im Streitfall die Ursache der Schimmelbildung unklar gewesen sei, fehle es an einem Verschulden der Beklagten.
Diese Erwägungen träfen nicht nur auf die Kündigung vom 7. Januar 2010, sondern auch auf die Kündigung vom 22. Dezember 2010 zu. Zwar entfalle die Berechtigung für eine Mietminderung, wenn der Mieter (nachträglich) erkenne, dass eine Minderungsbefugnis nicht bestehe. Davon sei immer dann auszugehen, wenn der Mieter vom Gericht auf diesen Umstand hingewiesen werde. Selbst wenn der Mieter das ihm ungünstige Urteil durch eine weitere Instanz überprüfen lassen wolle, müsse er dennoch sein Zahlungsverhalten ändern, ohne dass es einer vorherigen Mahnung des Vermieters bedürfe. Im Streitfall habe daher zu den nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils geschuldeten und von den Beklagten auszugleichenden Mieten auch der bis zum erstinstanzlichen Urteil aufgelaufene Zahlungsrückstand in Höhe von 3.410 € gezählt. Jedoch hätten die Beklagten letztlich sämtliche Rückstände mit der letzten, am 17. Februar 2011 geleisteten Zahlung in Höhe von 3.710 € ausgeglichen. Damit trete die Wirkung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB ein, so dass die 11 Kündigung unwirksam geworden sei. Dass die Zahlungen nur unter Vorbehalt erfolgt seien, ändere nichts an deren Erfüllungswirkung.


Auch die am 22. Dezember 2010 hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB greife nicht durch, da es auch insoweit am Verschulden der Beklagten fehle. Die Frage, ob ein Mieter, nachdem er durch Urteil auf die fehlende Berechtigung zur Mietminderung hingewiesen worden sei, nur die ab diesem Zeitpunkt fällig werdenden Zahlungen zu leisten habe oder ob er sogleich den aufgelaufenen Rückstand in voller Höhe ausgleichen müsse, werde kontrovers diskutiert. Zwar hätten die Beklagten nach Zustellung des Ersturteils alle Rückstände ausgleichen müssen, was der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, dessen Verschulden sich die Beklagten nach § 278 BGB zurechnen lassen müssten, irrtümlich anders gesehen habe. Dennoch fehle es am Verschulden, da es noch keine eindeutige obergerichtliche Rechtsprechung hierzu gebe. Im Übrigen könne ein etwaiges Fehlverhalten der Beklagten deshalb in einem milderen Licht erscheinen, weil sie nachträglich Zahlung geleistet hätten.


II.
Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Mietverhältnis der Parteien ist durch die fristlose Kündigung der Klägerinnen vom 7. Januar 2010 beendet worden. Der Räumungsanspruch der Kläger ist daher gemäß § 546 Abs. 1 BGB begründet.
Gemäß § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB kann das Mietverhältnis von jeder Vertragspartei aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos gekündigt werden. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn der Mieter in einem Zeitraum, der 13 sich über mehrere Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrags in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b BGB). So verhält es sich im Streitfall.


1. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bestand im Zeitpunkt des Zugangs der fristlosen Kündigung vom 7. Januar 2010 ein Zahlungsrückstand von 3.410 €, der die Summe der Mieten für zwei Monate (3.100 €) überschritt. Mit diesem Betrag waren die Beklagten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch in Verzug (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Denn den Beklagten stand - wie in der Revisionsinstanz zwischen den Parteien nicht mehr im Streit ist - wegen der Schimmel- und Kondenswasserbildung kein Minderungsrecht zu, da die Ursache der beanstandeten Mängel nach den Feststellungen der Vorinstanzen in einem unzureichenden Heizungs- und Lüftungsverhalten der Beklagten liegt.


2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts entfällt der Verzug der Beklagten nicht deshalb, weil die von ihnen vorgenommene Mietminderung angesichts der zunächst unklaren Ursache der Schimmelpilzbildung nicht "offensichtlich unberechtigt" gewesen und der Mietrückstand deshalb von ihnen nicht zu vertreten sei.
a) Allerdings wird in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der mietrechtlichen Literatur teilweise die Auffassung vertreten, im Rahmen des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB sei bezüglich des Verschuldens ein milderer Maßstab anzuwenden, insbesondere im Falle eines Rechtsirrtums des Mieters. Der Streit über das Minderungsrecht müsse in diesen Fällen im Wege der Leistungsklage über die nicht gezahlten Mieten ausgetragen werden. Anderenfalls könne allein der Druck einer fristlosen Kündigung den Mieter zu einem Verzicht auf seine Rechte aus § 536 BGB bewegen. Erst wenn der Vermieter vom Gericht erfahre, 16 dass sein Minderungsrecht nicht bestehe, entfalle der Entschuldigungsgrund und könne Verzug eintreten (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 10. Aufl., § 543 BGB Rn. 103 ff.; vgl. Kokemüller, WuM 1999, 201, 202 ff.; LG Berlin, GE 2007, 1486, 1487; vgl. auch LG Frankfurt am Main, NJW-RR 2004, 1238 f.).
b) Diese Auffassung trifft nicht zu. Der Senat hat bereits entschieden, dass auch im Wohnraummietrecht an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums strenge Anforderungen zu stellen sind und kein Grund besteht, im Rahmen des § 543 Abs. 3 BGB zugunsten des Mieters einen milderen Sorgfaltsmaßstab anzulegen (Senatsurteil vom 25. Oktober 2006 - VIII ZR 102/06, NZM 2007, 35 Rn. 25 ff.). Auch bei einem im Bereich des Tatsächlichen - hier der Ursache einer Schimmelpilzbildung - angesiedelten Irrtums besteht dafür kein Grund (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 1989 - IVa ZR 156/88, NJW-RR 1990, 160, 161).
Nach § 286 Abs. 4 BGB kommt der Schuldner nicht in Verzug, solange die Leistung aufgrund eines Umstandes unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat; zu vertreten hat der Schuldner gemäß § 276 BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit. Mit dieser gesetzlichen Regelung lässt sich die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten im Rahmen des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB schon deshalb nicht in Verzug geraten können, weil ihre Einschätzung, der Schimmelbefall sei auf einen von den Klägerinnen zu vertretenden Baumangel zurückzuführen, nicht "offensichtlich unberechtigt" gewesen sei, nicht vereinbaren. Sie liefe darauf hinaus, dass sich die Haftung des Mieters auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkte. Für eine derartige Privilegierung des Mieters besteht kein Anlass. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird auf den Mieter, der das Risiko einer fahrlässigen Fehleinschätzung der Ursache eines Mangels zu tragen hat, kein unzulässiger Druck dahin ausgeübt, auf seine Rechte aus § 536 BGB zu verzichten. Denn der Mieter kann den Minderungs-19 betrag, den er für angemessen hält, unter dem einfachen, lediglich die Wirkungen des § 814 BGB ausschließenden Vorbehalt der Rückforderung an den Vermieter zahlen, so dass ihm die Möglichkeit bleibt, eine gerichtliche Klärung seiner Rechte herbeizuführen, ohne dem Risiko einer fristlosen Kündigung ausgesetzt zu sein.
c) Vorliegend entfällt der Zahlungsverzug nicht wegen fehlenden Verschuldens der Beklagten. Dass sie bei Anwendung verkehrsüblicher Sorgfalt nicht hätten erkennen können, dass die Ursache der Schimmelpilzbildung in ihrem eigenen Wohnverhalten lag, ist von ihnen nicht dargetan worden und auch sonst nicht ersichtlich. Im Gegenteil haben die Beklagten selbst eingeräumt, dass sie wegen der Haltung mehrerer Katzen, die das Haus nicht verlassen sollten, in ihrem Lüftungsverhalten eingeschränkt waren; zudem musste sich ihnen die Vermutung aufdrängen, dass das Vorhandensein von zwei Aquarien sowie eines Terrariums mit Schlangen eine die Schimmelbildung begünstigende höhere Luftfeuchtigkeit in der gemieteten Wohnung bedingte und somit an das Lüftungsverhalten entsprechend höhere Anforderungen zu stellen waren.


3. Da im Zeitpunkt der fristlosen Kündigung vom 7. Januar 2010 mithin sämtliche Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b BGB vorlagen, hätten die Beklagten dem damit begründeten Räumungsanspruch der Klägerinnen nur dadurch die Grundlage entziehen können, dass sie innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB die Mietrückstände vollständig ausgeglichen hätten. Dies ist nicht geschehen. Ein Ausgleich der die Kündigung begründenden Zahlungsrückstände fand erst mit der Zahlung vom 17. Februar 2011 statt. Diese nicht mehr im Zeitraum des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB liegende Zahlung konnte der Kündigung vom 7. Januar 2010 ihre Wirksamkeit nicht mehr nehmen. Soweit die damit verspätete Zah-21 lung der offenen Rückstände auf Rat des Prozessbevollmächtigten der Beklagten geschehen sein sollte, haben sich die Beklagten dessen Verschulden gemäß § 278 BGB zurechnen zu lassen.


III.
Nach allem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 BGB). Da keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 BGB). Da sich der Räumungsanspruch der Klägerinnen als begründet erweist, ist die Berufung der Beklagten gegen das auf Räumung erkennende Urteil des Amtsgerichts zurückzuweisen.


AG Freising, Entscheidung vom 27.05.2010 - 7 C 848/09 -
LG Landshut, Entscheidung vom 23.03.2011 - 13 S 1954/10 - 23

pdf Zahlungsverzug.pdf (0.06 MB)

27.06.2007 Fehlende Gemeinschaftsantenne stellt keinen Mangel der Mietsache dar

Mieter müssen das Ersetzen einer Gemeinschaftsantenne durch einen Kabelanschluss akzeptieren.
Der Mieter hat keinen Anspruch auf Mietminderung, wenn eine Gemeinschaftsantenne durch einen Kabelanschluss ersetzt wird. Es fehlt an einem nicht unerheblichen Mangel, wenn weiterhin die Möglichkeit eines Fernsehempfangs besteht. Des Weiteren liegt auch kein unverschuldeter Rechtsirrtum vor. Dies hat das Landgericht Berlin entschieden.
Im zugrunde liegenden Fall minderte der Mieter einer Wohnung die Miete, da der Vermieter die Gemeinschaftsantenne beseitigte. Es bestand jedoch ein Kabelanschluss. Der Mieter meinte, es liege ein zur Minderung berichtigter Mangel vor, weil der Kabelanschluss kostenpflichtig sei und der Vermieter laut Mietvertrag zur Verfügungsstellung einer Gemeinschaftsantenne verpflichtet sei. Der Mieter beruft sich weiterhin auf einen unverschuldeten Rechtsirrtum, da er fehlerhaft von einem Minderungsrechtes ausging. Mietminderungsanspruch besteht nicht.


Das Landgericht Berlin entschied gegen den Mieter. Der Mieter hat keinen Anspruch auf Mietminderung, da es an einem nicht unerheblichen Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB fehlt. Die Möglichkeit des Fernsehempfanges besteht aufgrund des Kabelanschlusses. Selbst wenn man annimmt, dass durch die Bereitstellung einer Gemeinschaftsantenne bei Mietvertragsbeginn, der Vermieter verpflichtet sei eine irgendwie geartete Möglichkeit des Fernsehempfanges zu gewährleisten, so lag diese durch den Kabelanschluss vor (Bundesgerichtshof, Urteil v. 27.06.2007 - VIII ZR 202/06 - = GE 2007, 1310). Zwar ist der Vermieter im Rahmen von § 535 BGB verpflichtet, sicherzustellen, dass mit einer Gemeinschaftsantenne Signale empfangen werden können und diese bei dem Mieter auch ankommen. Er darf die Antenne also nicht einfach abbauen, insbesondere nicht mit der Begründung, der digitale Empfang sei jetzt über die Stabantenne möglich (AG Neukölln v. 29.10.2004 - 20 C 98/03 - = NZM 2005, 104). Jedoch stellt dies dann keinen erheblichen Mangel dar, wenn die Mieter Mithilfe eines bereits angeschafften Receivers einen uneingeschränkten und ungestörten Fernsehempfang haben. Es spielt auch keine Rolle, dass der Kabelanschluss monatliche Kosten verursacht. Denn auch für die Gemeinschaftsantenne fallen monatliche Kosten an.

pdf Gemeinschaftsantenne.pdf (0.01 MB)

20.02.2013 Kein generelles Verbot von Hunde- und Katzenhaltung durch eine Allgemeine Geschäftsbedingung

Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, ob eine Formularklausel in einem Wohnraummietvertrag wirksam ist, welche die Haltung von Hunden und Katzen in einer Mietwohnung generell untersagt.
Der Beklagte mietete eine Wohnung der Klägerin in Gelsenkirchen. Die Klägerin ist eine Genossenschaft, der auch der Beklagte angehört. Im Mietvertrag war - wie bei der Klägerin üblich - als "zusätzliche Vereinbarung" enthalten, dass das Mitglied verpflichtet sei, "keine Hunde und Katzen zu halten."


Der Beklagte zog mit seiner Familie und einem Mischlingshund mit einer Schulterhöhe von etwa 20 cm in die Wohnung ein. Die Klägerin forderte den Beklagten auf, das Tier binnen vier Wochen abzuschaffen. Der Beklagte kam dieser Aufforderung nicht nach. Hierauf hat die Klägerin den Beklagten auf Entfernung des Hundes aus der Wohnung und auf Unterlassung der Hundehaltung in der Wohnung in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen.
Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass eine Allgemeine Geschäftsbedingung des Vermieters, welche die Haltung von Hunden und Katzen in der Mietwohnung generell untersagt, gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB* unwirksam ist. Sie benachteiligt den Mieter unangemessen, weil sie ihm eine Hunde- und Katzenhaltung ausnahmslos und ohne Rücksicht auf besondere Fallgestaltungen und Interessenlagen verbietet. Zugleich verstößt sie gegen den wesentlichen Grundgedanken der Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters in § 535 Abs. 1 BGB**. Ob eine Tierhaltung zum vertragsgemäßen Gebrauch im Sinne dieser Vorschrift gehört, erfordert eine umfassende Interessenabwägung im Einzelfall. Eine generelle Verbotsklausel würde - in Widerspruch dazu - eine Tierhaltung auch in den Fällen ausschließen, in denen eine solche Abwägung eindeutig zugunsten des Mieters ausfiele.
Die Unwirksamkeit der Klausel führt nicht dazu, dass der Mieter Hunde oder Katzen ohne jegliche Rücksicht auf andere halten kann. Sie hat vielmehr zur Folge, dass die nach § 535 Abs. 1 BGB** gebotene umfassende Abwägung der im Einzelfall konkret betroffenen Belange und Interessen der Mietvertragsparteien, der anderen Hausbewohner und der Nachbarn erfolgen muss. Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht eine Zustimmungspflicht der Klägerin zur Hundehaltung rechtsfehlerfrei bejaht.


*§ 307 BGB: Inhaltskontrolle
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
**§ 535 BGB: Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags
(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

Urteil vom 20. März 2013 - VIII ZR 168/12
AG Gelsenkirchen-Buer - Urteil vom 16. November 2011 – 28 C 374/11
LG Essen - Urteil vom 15. Mai 2012 – 15 S 341/11
Karlsruhe, den 20. März 2013

pdf Katzen_und_Hundehaltung.pdf (0.03 MB)